Nur erste Sahne für die Azubis
Facharbeiter werden bundesweit händeringend gesucht, die Situation bei den Ausbildungsstellen ist absolut mangelhaft. Das zumindest verkünden öffentliche Medien und zahlreiche Arbeitgeber in der Metall verarbeitenden Industrie seit langem. Nur lamentieren hilft nicht, selbst ist der Mann. Bestes Beispiel hierfür ist das Unternehmen Präzisionsteilefertigung (PTF) im sächsischen Stollberg.
Der Werkzeug- und Formenbau macht es seit Jahren vor: Anstatt über mangelnde Fachkräfte zu klagen, sind meist bis zu 10 Prozent der Belegschaft Azubis. Nur so lässt sich der Nachwuchs qualitativ aufbauen. Azubis holen das Pausenbrot, kehren die Werkstatt und sind auch sonst HiWis für alle Fälle, dieser Zustand hat sich grundlegend gewandelt. Im Gegenteil, in der Präzisionsteilefertigung (PTF) in Stollberg werden Jahr für Jahr sieben Azubis neu eingestellt. Das heißt, es werden ständig 21 Azubis zum Metallfacharbeiter für Zerspanung über drei Jahre ausgebildet.
Unter „learning by doing“ versteht Steffen Pfüller, Inhaber des Unternehmens allerdings ausschließlich produktive Aktivitäten seiner Schützlinge. So beginnt die Grundausbildung der angehende Facharbeiter in der Fräserei, beim Schleifen und Drehen. Das ist bis hierin an und für sich nichts Besonderes. Wenn man allerdings einen Einblick in die Lehrwerkstatt bekommt, glänzen so manchem Insider die Augen: Im Fräsbereich stehen ausschließlich Fehlmann-Maschinen. Überwiegend sind es PICOMAX 54 . Erst vor kurzem wurden davon drei neue Maschinen angeschafft. Aus gutem Grund, wie Steffen Pfüller erklärt:
„Diese Maschinen haben den Vorteil, dass es einerseits konventionelle Maschinen sind, man aber auch mit einfachen Programmen Bahngesteuert in zwei Achsen CNC fräsen kann. So können unsere Azubis über die Handräder und in Verbindung mit dem manuellen Werkzeugwechsel schnell lernen, ja spüren wie sich beispielsweise ein Fräser im Werkstoff verhält. Die zwei Bahngesteuerten CNC-Achsen sind deshalb notwenig, weil der Sprung von der konventionellen Maschine auf unsere 5-Achsenmaschinen in der Fertigung zu große wäre.“
Und die Fertigung mit insgesamt 22 Fehlmann-Maschinen, ist oberstes Ziel jedes Azubis in Stollberg. Um hier aber dauerhaft zu bestehen, bedarf es höchster Verantwortung und Präzision. Präzision, die nach Auskunft von Steffen Pfüller in diesem Maschinensegment auch auf der PICOMAX 54 zu erreichen ist. Diese Genauigkeit ist aber auch deshalb so wichtig, weil in der Lehrwerkstatt bei Serien zwischen ein und fünf Stück, Vorrichtungen und Prototypen teilweise Toleranzen bis zu 5 µm gefordert sind. Außerdem werden Nacharbeiten bei Werkstücken durchgeführt, die an der strengen Qualitätssicherung gescheitert sind. Ergänzend zu den drei neuen PICOMAX 54 wird in der Lehrwerkstatt in Stollberg noch auf zwei überholten PICOMAX 54 und einer PICOMAX 55, mit drei Bahngesteuerten Achsen gearbeitet. Diese Tatsache macht schon deutlich, dass man in Stollberg fräslastig ist. Allerdings wird auch das Drehen und Schleifen nicht vernachlässigt. Erst vor kurzen wurde in eine Präzisionsdrehmaschine und zwei neue Flachschleifmaschinen investiert.
Qualität muss auch bei Facharbeitern entsprechend entlohnt werden
Zur Vorbereitung auf das spätere Facharbeiterleben zählen in Stollberg aber noch ganz andere reale Dinge. So geht es beispielsweise ausschließlich um die Fertigbearbeitung. Dazu gehört nach zwei Lehrjahren bereits die Eingliederung in die Fertigung mit Zwischenstationen in allen relevanten Bereichen wie zum Beispiel den Messraum. Und weil in Stollberg dreischichtig, fünf Tage die Woche gefertigt wird, dürfen sich die Azubis schon mal an einen Zwei-Schichtbetrieb gewöhnen.
Bevor es allerdings so weit ist, muss auch bei PTF jeder Bewerber eine Eignungsprüfung bestehen. Dabei geht es Steffen Pfüller und seinen Ausbildern neben entsprechenden Schulnoten vor allem darum, dass das entsprechende Interesse für den Beruf mitgebracht wird. Ein Anspruch, der nicht ganz so einfach ist, denn nach Auskunft der Verantwortlichen hat beispielsweise seit dem Jahr 2000 die Nachfrage um zirka 60 Prozent nachgelassen. Dafür sind aber gerade bei PTF die Anfragen von Studenten aus beispielsweise Betriebswirtschaft, Jura oder auch Physik sprunghaft angestiegen.
Mit diesen Leuten, hat man sehr gute Erfahrungen gemacht. Weniger gut verliefen allerdings Gespräche mit Bewerbern als Ausbilder. Hier sehen die Verantwortlichen in Stollberg erheblichen Qualifizierungsbedarf. Alles in allem aber scheint mittlerweile in Stollberg die Welt wieder in Ordnung. Azubis werden weiter jedes Jahr sieben eingestellt, die Geschäftsführung wird weiter in ausgezeichnete Maschinen dafür investieren und wenn alle Stationen durchlaufen sind, die Prüfung bestanden ist, gibt es sieben neue hoch qualifizierte Facharbeiter im Land. Wer nun aber glaubt, seine Headhunter nach Stollberg zur Abwerbung schicken zu müssen, der kann es gleich lassen, denn Steffen Pfüllers Engagement endet nicht mit der abgeschlossenen Prüfung:
„Bei uns werden alle Azubis mit abgeschlossener Prüfung übernommen. Und diese hoch qualifizierten Mitarbeiter werden bei uns auch entsprechend entlohnt. Zudem haben wir festgestellt, dass die meisten mittlerweile sehr Heimat verbunden sind.“
Wen wundert’s: PTF gilt im Großraum Stollberg als Vorzeigeunternehmen.
Interessantes am Rande
Mit der Fräs- und Bohrmaschine PICOMAX 54 kann sowohl konventionell als auch im Zwei-Achsen-CNC-Betrieb mit automatisch auslösbarem Bohrvorschub gearbeitet werden. Fräsen, Bohren, Ausbohren und Gewindeschneiden lassen sich mit einem minimalen Programmier- und Einrichtaufwand ausgeführen. So eignet sich die Maschine besonders für Einzelteil- und Kleinserienproduktionen im Werkzeug- und Formenbau, in der Versuchs- und Prototypenfertigung, im Labor sowie in der Lehrlingsabteilung (CNC-Einstieg).
Die PICOMAX 54 ist mit einer Heidenhain Bahnsteuerung ausgerüstet, die ein einfaches, bedienergeführtes Programmieren erlaubt.
Das Unternehmen PTF im Blickpunkt
Das Unternehmen PTF wurde 1992 gegründet und beschäftigt heute über 100 Mitarbeiter. In der Hauptsache werden mechanische Präzisionsteile für die Mikroelektronik, Medizintechnik, zivile Luftfahrt und Raumfahrt gefertigt. Im Bereich Fräsen stehen in Stollberg inklusive der Maschinen zur Ausbildung 28 FehlmannMaschinen.