Mit komplexen Strukturen in neue Sphären

Mit komplexen Strukturen in neue Sphären

 

Airbus, Boeing oder auch Bombardier-Aerospace stehen in der Flugzeugindustrie im harten Wettbewerb zueinander. Und dennoch haben diese Weltkonzerne alle etwas gemeinsam: Sie werden bei Kernprodukten wie Profilen und Strukturteilen für Flügel, Rumpf und Fahrwerke vom Familienunternehmen ASCO Industries unterstützt. Im hessischen Gedern konzentriert man sich mit Erfolg auf die Fertigung aus Aluminiumplatten und Stangpressprofile.

Das Flight-Magazin führt ASCO mit einem Jahresumsatz von 198 Mio. US-Dollar auf Platz 101 der weltweit bedeutendsten Zulieferer der Flugzeugindustrie. Bis dahin war es für das Unternehmen ein weiter Weg, denn neben hoher Fertigungskompetenz müssen, um erfolgreich im Kreis der Auserwählten mit zu spielen, die unterschiedlichsten Anforderungen erfüllt werden.

Vom Engineering, über die Fertigung, die Oberflächenbehandlung bis hin zur Montage reicht die Prozesskette. Und auch hinsichtlich der Qualitätssicherung gelten besondere Anforderungen: Bis zur Rissprüfung wird im Gegensatz zum Automobilbau jedes Teil inklusive umfangreicher Dokumentation durchgeführt. Aktuelle Tendenzen aber sieht Ivan Remels, Commercial Director Germany im Risk Sharing:

„In der Flugzeugindustrie werden Zulieferer mehr und mehr zum Partner. Konkret für ASCO bedeutet das, dass wir bestimmte Komponenten, wie beispielsweise die Antriebsmechanismen für Landeklappen, selbst entwickeln. Das heißt, wir als Partner müssen auch das finanzielle Risiko mitgehen. Eine Tatsache, die zum Beispiel bei Boeing längst an der Tagesordnung ist.“

Aber auch bei Airbus, steht das Risk Sharing nach seiner Meinung kurz vor der Einführung, denn die Welthandelsorganisation und speziell Boeing werden die derzeitigen Subventionen nicht mehr länger dulden. Waren die Zulieferer der Flugzeugindustrie früher noch die „verlängerte Werkbank“, so sehen sich die Verantwortlichen heute als echte Partner. Gut so, denn Boeing, wieder als Vorreiter, verlagert die Fertigungstiefe mehr und mehr nach draußen. ASCO ist dafür schon jetzt bestens gerüstet.

Für Flügel und Fahrwerk wurde in Zaventem, der belgischen Zentrale von ASCO, eigens eine Halle für die Montage errichtet. Die Aluminium-Schmiedeteile für das Bugfahrwerke, zum Beispiel des A 380, werden ebenfalls in Belgien gefertigt. Das Know-how, aus Aluminiumplatten hochkomplexe Struktur- und Profilteile anzufertigen, sitzt allerdings in Gedern und einer Tochtergesellschaft nahe Vancouver (Kanada). In Kanada wurde beispielsweise erst vor kurzem die weltweit größte Drückspant/Trennwand zwischen Cockpit und Cargo-Raum mit 8.000 mm in der Höhe und 6.000 mm in der Breite für den Jumbo 747 von Boeing vorgefräst.

In Standort Gedern wird HSC fertig gefräst, Oberfläche beschichtet, kontrolliert und mit Luftfracht nach Boeing geschickt. Fertigungstechnisch und logistisch eine Meisterleistung. Vergleichbar mit der Beluga von Airbus werden damit die größeren Komponenten für den völlig neu entwickelten Boeing 787 Dreamliner im Rumpf des Flugzeugs zu den unterschiedlichen Fertigungs- bzw. Montageeinrichtungen geflogen. Dass solch überdimensionalen Werkstücke entsprechendes Know-how erfordern, machen allein die Fertigungskompetenz und die Mitarbeiterstruktur des Unternehmens deutlich. So ist bei ASCO Industries mit knapp 1.000 Beschäftigten jeder zehnte Mitarbeiter Diplom-Ingenieur.

 

Aus Platten werden Bleche mit Stegen

Hinsichtlich der Fertigung ist es nach Auskunft von Karl-Heinz Unkelbach, Geschäftsführer der Asco Deutschland GmbH, mit den modernsten Maschinen allein aber nicht getan: „Selbstverständlichen haben wir weltweit Wettbewerber. Mit unseren HSC-Fräsmaschinen, mit fünf Achsen, also der gesamten Technologie und den entsprechenden Kapazitäten können wir uns in Gedern aber ruhigen Gewissens als führend bezeichnen.“ Gedern, das sind zirka 70 Prozent Aluminiumfertigung, 15 Prozent Stahl und 15 Prozent Titan, wobei die Titankurve stetig ansteigt.

Insgesamt sind das 85 bis 90 Tonnen Aluminium-Zerspanung mit 40 bis 45 Tonnen Späne im Monat. Gedern, das sind aber auch neun Handtmann Bearbeitungszentren, die wie sich Karl-Heinz Unkelbach ausdrückt, aus Platten Bleche mit Stegen machen. Auf dem größten, dem Doppelspindler Gantry TS 1150/300 werden derzeit Werkstücke bis 11.000 mm Länge bearbeitet. Die Toleranzen bewegen sich auf elf Meter bei 1/10 mm.

Bis zu 90 Prozent wird auf dieser Maschine im Pendelbetrieb gearbeitet. Das heißt, die Arbeitsräume lassen sich zum Hauptzeit parallelen Rüsten in 50 zu 50 oder 70 zu 30 Anteile trennen. Ein Bearbeitungszentrum, in dessen Entwicklung – wie auch bei zahlreichen weiteren Neuentwicklungen – ASCO entscheidend involviert war. Auch Spannsysteme für den Materialabtrag auf Profilmaschinen sowie Problemlösungen für den Wärmetransfer wurden von Asco Deutschland in enger Zusammenarbeit mit Handtmann entwickelt.

Die Gefahr, dass ASCO durch den Einsatz solcher Lösungen bei Wettbewerbern Vorteile verloren gehen, sieht Ivan Remels nicht:

„Mit der Maschine allein ist es nicht getan. Man muss diese Maschinen ja auch beherrschen und sehr genau abwägen, wie man sie einsetzt. Diese Erfahrung haben schon zahlreiche Wettbewerber weltweit gemacht.“ Selbst die Automatisierung wurde für ASCO zu einem zentralen Thema.

So konnten bei den Antriebsmechanismen der Landeklappen trotz der unterschiedlichen Hersteller eine einheitliche Werkstoffauswahl und baugleiche Lösungen bei der Flugzeuglogistik (be- und entladen) abgesprochen werden. Mit dieser Volumenzusammenführung gelang es, in einigen Bereichen mit verketteten Maschinen zu arbeiten. Unabhängig davon, sieht Ivan Remels die Stärken von ASCO Deutschland mehr in anderen Gebieten:

„Um unsere Kompetenz unter Beweis zu stellen, können Profile oder die Strukturteile gar nicht groß und zu komplex sein. Das konnten wir bei der Boeing Large-Cargo-Maschine Jumbo 747 ja recht eindrucksvoll unter Beweis stellen.“

Ein Anspruch, der auf Grund des enormen Wachstums von ASCO berechtigt erscheint.

 

Nebenbei bemerkt

Nebenbei bemerkt, Commercial Director Germany, ASCO Industries:

“Wir beschäftigen uns ausschließlich mit der Luftfahrt und hier mit Kernprodukten der Flügel, Rumpfstruktur und Fahrwerke. Um unsere Stellung weltweit zu behalten, war es notwendig, mit allen Risiken als Partner einzusteigen.“

Karl-Heinz Unkelbach, Geschäftsführer ASCO Deutschland GmbH:

„Heute beschäftigen wir in Gedern 139 Mitarbeiter und arbeiten mit 18 Schichten pro Woche. Dieses Wachstum wird anhalten, da sich die nach draußen verlagerten Prozessketten in der Flugzeugindustrie nach wie vor bewegen.“

 

ASCO Industries im Fokus

Asco ist eine Unternehmen, das bereits in der 3. Generation komplett in besitz der Familie BOAS ist. Gegründet wurde das Unternehmen 1954 und war zunächst als Zulieferer des Militärs tätig. 1979 wurde der Bereich Aerospace ins Leben gerufen. 2003 wurden die Tochtergesellschaften Asco Deutschland in Gedern (ehemals PTG) und Asco Canada (ehemals EBCO) nahe Seattle gegründet.

Bei der Gründung der kanadischen Niederlassung war das Ziel, mit Boeing und Bombardier-Aerospace ein weiteres Standbein zu Airbus, Embraer und damals noch Dornier zu schaffen. Während in den Tochtergesellschaften hauptsächlich Profile und Strukturteile aus Aluminium-Platten angefertigt werden, konzentriert sich das Hauptwerk im belgischen Zaventem auf die Bearbeitung von Hartmetallwerkstoffen, komplex, 5-achse Aluminium(aus Schmiedeteil), Wärme & Oberflachebehandlungen und die Montage

.

Neben den kommerziellen Flugzeugen stehen auf der Kundenliste von Asco noch zusätzlich alle führenden Hersteller aus dem Bereich regionaler- und Business-Aircraft. In 2005 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 198 Millionen US-Dollar.

 

Zu den bislang realisierten Projekten von ASCO Industries zählen u.a.

  • Airbus:
    A300, A310, A318, A319, A320, A321, A330, A340, A340-500/600, A380 inkl. Frachter Airbus Military A400M
  • Boeing:
    737-600/700/800/900, 747-400, 747-LCF, 777-300LR, 777-200 / B787
  • Bombardier – Canadair:
    CL604/CRJ200/700/900, Global Express, Dash 8 Q-100/300/400
  • Cessna:
    Sovereign Business Jet Falcon 900, 2000, F7X
  • Embraer:
    ERJ135, ERJ145, ERJ170,175 ERJ190/195
  • Eurocopter
    NH90
  • Eurofighter
    Typhoon
  • Gulfstream
    550

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.